18. Dezember 2006

Fritz Pölking

Sorry - es gibt doch 
keine fliegenden Untertassen

Zum im April 2004 wiederentdeckten
und als ausgestorben geltenden Elfenbeinspecht 

Hier der ähnliche, etwas kleinere Helmspecht 
4.0/600 mm, Sanibel Island, Florida

Zwischen 1936 und 1939 studierte James T. Tanner den Elfenbeinspecht am Singer Trail in Louisiana und konnte ihn über diesen Zeitraum hinweg jedes Jahr an der Bruthöhle am gleichen Baum fotografieren. Er machte dort schöne und interessante Schwarzweiß-Aufnahmen des Spechtpaares, das diesen wunderschönen Baum schon seit vielen Jahren, vielleicht Jahrzehnten als Heimat und Wohnung benutzte.

Es waren die letzten Bilder - kurze Zeit später wurde dieser Baum von der Holzindustrie gefällt und seither hat es keine Fotos mehr vom Elfenbeinspecht gegeben und auch keine Brutnachweise.

Gesehen hat man ihn noch häufiger, immer wieder mal in den 1940er,1950er, und immer seltener in den 1960er und 1970er Jahren. Aber diese ganzen - angeblichen - Beobachtungen waren nie gesichert. Fast immer waren es Verwechslungen mit dem Helmspecht und es gab auch kein einziges Fotodokument als Beweis, dass der Elfenbeinspecht noch existierte.

Er stand zwar immer noch auf der Liste der gefährdeten Arten der USA, aber die Stimmen mehrten sich, dass man ihn zu den ausgestorbenen Arten rechnen sollte. Denn er war ja schließlich kein Zaunkönig, sondern ein riesengroßer Specht, größer als der schon kaum zu übersehende Schwarzspecht. 

Und das kennen wir auch aus Deutschland: Wenn der Schwarzspecht irgendwo sein Revier hat in einem Buchenwald und fliegt im Frühjahr zur Balzzeit laut rufend und klopfend durch sein Revier - wer das nicht sieht oder hört, sollte ganz schnell zu einem Arzt gehen.

Aber seit 1944 hatte man den Elfenbeinspecht nicht einmal zur Brutzeit irgendwo gehört oder gesehen, so dass es mehr als berechtigt schien, ihn auf die Liste der ausgestorbenen Arten zu setzen. Auch weil engagierte Vogelkundler die ganzen Jahrzehnte hindurch alle Gebiete regelmäßig beobachteten und nach Spuren dieses faszinierenden Spechtes absuchten. 

Es half alles nichts: Die letzte sichere Beobachtung eines Elfenbeinspechtes, des größten Spechtes in Nordamerika und des zweitgrößten auf der Welt überhaupt, stammte von 1944, als man ein Weibchen im Singer Tract in Louisiana beobachtete, also vor gut 60 Jahren.

Man konnte ihn also aus gutem Grund zu den ausgestorbenen Arten zählen...

Aber - er schien 2004, exakt 60 Jahre später, aus dem Grabe auferstanden zu sein: 

Am 11. Februar 2004, um 13.30 Uhr Ortszeit im Cache River National Wildlife Refuge in Arkansas, sah Gene Sparling aus seinem Kajak einen unüblich großen Specht mit einer roten Haube auf sich zufliegen und am unteren Ende eines Baumes, nur 20 Meter entfernt, landen. Viele Feldkennzeichen ließen auf einen Elfenbeinspecht schließen und Sparlinq veröffentlichte die Beobachtung auf einer Webseite.

T. Gallagher und B. Harrison waren von der Meldung fasziniert und arrangierten eine Tour zu dem Gebiet mit Gene Sparling. Am 27. Februar 2004 um 13.15 Uhr, nur 500 Meter entfernt von dem Platz, wo Gene Sparling 16 Tage vorher den Specht gesehen hatte, flog dieser als Elfenbeinspecht identifizierte Vogel direkt vor ihrem Kanu entlang.

Später hat ein 15-köpfiges Forscherteam dort gearbeitet und die Richtigkeit der Beobachtungen bejaht und in der Aprilausgabe 2005 der Zeitschrift 'Science' bestätigt und auch einen Videofilm drehen können, der den angeblichen Elfenbeinspecht dort zeigt. 

Die Forschergruppe bestätigte, 10 bis 12 mal einen Elfenbeinspecht gesehen zu haben

Der Staat hat daraufhin 10 Millionen Dollar zur Verfügung gestellt, um das Gebiet für den Elfenbeinspecht zu schützen. 

 

 

   

Der ähnliche, aber etwas kleinere Helmspecht, hier im
Audubon Cork Screw Swamp Wildlife Refuge in Florida

4.0/500 mm

 

Hier, im Cache River National Wildlife Refuge in Arkansas
wurde der Elfenbeinspecht wiederentdeckt,
der sich leider später doch wohl als Helmspecht herausstellte.
2.8/70-200 mm

 

Tim Gallagher und Bobby Ray Harrison, die nach Gene Sparling die ersten waren, die im Cache River National Wildlife Refuge in Arkansas den 'Elfenbeinspecht' sahen, waren Mitglieder im Vorstand der NANPA, der Vereinigung Nordamerikanischer Naturfotografen mit etwa 2.500 Mitgliedern, vergleichbar etwa der GDT, der Gesellschaft Deutscher Tierfotografen e.V. 

Gallagher ist Editor der Zeitschrift 'The Living Bird' am Cornell Laboratory of Ornithology und Harrison lehrt am Oakwood College in Huntsville. Also alles seriöse Leute.

Die 'Big Woods' Region vom östlichen Arkansas und die Gebiete vom Cache River und White River sind daraufhin im Frühjahr 2006 und zur Balz- und Rufzeit des Elfenbeinspechtes von  vielen Vogelkundlern und Wissenschaftler aus ganz USA 'überflutet' worden um bei der Suche zu helfen.

Das ernüchternde Ergebnis war: Keine Spur vom Elfenbeinspecht, dafür aber wurden 10-12 Helmspechte gesehen, die man als Teilabinos einstufen kann. Teilalbinos sind Exemplare, die nicht ganz weiß sind, sondern nur einige weiße Federn oder Stellen haben, wo die Art sonst nicht weiß ist.

Damit ist wahrscheinlich das Rätsel um die Beobachtungen vom Elfenbeinspecht im Cache River National Wildlife Refuge gelöst. Es waren wohl Teilalbinos vom Helmspecht, die beobachtet wurden.

Internet: http://www.fws.gov/cacheriver

Ein Video vom angeblichen Elfenbeinspecht, gedreht 2004 im Cache River National Wildlife Refuge kann man sehen unter: http://www.ivorybill.org - oder unter http://www.nature.org/ivorybill/search/timeline.html.

Dieses Video hat leider nur die gleiche Qualität wie die vielen Filme, die angeblich ein UFO zeigen. Inzwischen sind sich die Wissenschaftler so gut wie einig, dass das Video doch nur einen Helmspecht zeigt.

 

   

   

Diese Schwarzweißbilder sind die letzten Fotos, die vom Elfenbeinspecht gemacht werden konnten.

James T. Tanner fotografierte sie 1935 - 1937 am Singer Tract in Louisiana.

Hier existierte die letzte intakte Brutpopulation von mindestens 3 Brutpaaren.

Alle Bilder entstanden in drei Jahren hintereinander am gleichen Brutbaum, bevor er - trotz massiver Proteste vieler Naturschutzorganisationen - von der Holzindustrie gefällt wurde.

60 Jahre später, als die für das Überleben des Elfenbeinspechtes wichtigen Bäume alle längst gefällt waren, wurde das Gebiet des Singer Tractes als Tensas River National Wildlife Refuge unter Schutz gestellt.

Das Schwarzweißbild unten links zeigt den einzigen je beringten Elfenbeinspecht. Rechts der Bildautor James T. Tanner.

       

       

Wer sich für die Historie des Elfenbeinspechtes interessiert,
findet in diesen beiden Büchern viel Lesestoff.
Zu bekommen (neben anderen Büchern zum Thema) über: 
www.amazon.de
-englische Bücher - Ivory-Billed Woodpecker.

 

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